• 16.11.2015

Sonderurlaub

Im Mittelstand ist der „Sonderurlaub“ meistens ungeregelt – anders als für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst. Als Arbeitgeber haben Sie in vielen Fällen einen Ermessensspielraum, der allerdings arbeitsgerichtlich überprüfbar ist. Lesen Sie, worauf es ankommt und wie Sie im Einzelfall angemessen entscheiden.
Was ist eigentlich Sonderurlaub?

Kennzeichnend für den Sonderurlaub ist, dass die Freistellung von der Arbeit aus „besonderen“, sozusagen „außerplanmäßigen“, wichtigen Gründen gewährt wird. Denn an sich ist der Arbeitnehmer gesundheitlich arbeitsfähig und zur Arbeitsleistung verpflichtet. Meistens liegen die besonderen Gründe in der Person des Arbeitnehmers bzw. in seinen familiären Umständen. Prüfen Sie zunächst, ob es eine Bestimmung für „Sonderurlaub“ gibt, die Sie auf den vorliegenden Antrag Ihres Arbeitnehmers anwenden müssen. Das kann ein Gesetz, ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder eine einzelvertragliche Regelung sein. Darin ist dann auch festgelegt, ob der Sonderurlaub zu vergüten ist oder nicht.
Unbezahlter Sonderurlaub

Selbstverständlich können Sie als privater Arbeitgeber jederzeit für alle betrieblich vertretbaren Fälle unbezahlten Sonderurlaub gewähren. Das kann eine Weiterbildung, ein Sabbatical oder ähnliches sein. Achten Sie aber auf die Abstimmung der Grundsätze mit dem Betriebsrat. Ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers besteht in folgenden Fällen:

  Bei Erkrankung eines Kindes unter 12 Jahren haben alle Arbeitnehmer Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit, sofern der Arzt die Notwendigkeit bescheinigt (§ 45 Abs. 3 – 5 SGB V). Je nach familiärer Situation können das 10 bis 50 Arbeitstage je Kalenderjahr sein (s. § 45 Abs. 2 SGB V).
  Bei pflegebedürftigen nahen Angehörigen gilt: Tritt die Pflegesituation akut ein, muss der Arbeitnehmer auf Wunsch bis zu 10 Tage freigestellt werden, damit er die Versorgung organisieren kann. Pflegt der Arbeitnehmer einen nahen Angehörigen selbst zu Hause, so müssen Sie ihn auf Wunsch für bis zu sechs Monate vollständig freistellen (§§ 3 – 4 PflegeZG).
  Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten im Brand- und Katastrophenschutz, als Schöffe oder als ehrenamtlicher Richter, wie in den jeweiligen Gesetzen vorgeschrieben.

Sonderurlaub unter Fortzahlung der Vergütung

Maßgeblich ist hier § 616 BGB, wonach der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Vergütung nicht verliert, wenn er „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden“ an der Arbeitsleistung gehindert wird. Das klingt auslegungsbedürftig, ist es auch. Einen guten Anhaltspunkt für private Arbeitgeber bietet die Liste der zulässigen Anwendungsfälle für Angestellte im öffentlichen Dienst (vgl. § 29 TV-L, „Arbeitsbefreiung“). Die Obergrenze sind dort fünf Arbeitstage.

  Niederkunft der Ehefrau: ein Arbeitstag;
  Tod des Ehegatten, eines Kindes oder Elternteils: zwei Arbeitstage;
  Umzug aus dienstlichem oder betrieblichem Grund an einen anderen Ort: ein Arbeitstag;
  25- und 40-jähriges Arbeitsjubiläum: ein Arbeitstag;
  schwere Erkrankung eines Angehörigen, eines Kindes oder einer Betreuungsperson unter bestimmten Voraussetzungen: insgesamt bis zu fünf Arbeitstage im Kalenderjahr;
  ärztliche Behandlung, sofern diese während der (Kern-)Arbeitszeit erfolgen muss

Als privater Arbeitgeber sind Sie zunächst nicht verpflichtet, unter diesen Umständen bezahlten Sonderurlaub zu gewähren. Allerdings wird sich das Arbeitsgericht im strittigen Einzelfall an dieser Liste orientieren. Insofern ist damit zu rechnen, dass zumindest unbezahlter Sonderurlaub bestätigt wird.
Sonderfall „Bewerbungsurlaub“

Ein eigener gesetzlicher Grund für bezahlten Sonderurlaub ist die erfolgte Kündigung des Arbeitsplatzes, egal ob durch Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ausgesprochen. Nach § 629 BGB müssen Sie Ihren Arbeitnehmer unter Fortzahlung seiner Vergütung freistellen, damit er sich um einen neuen Arbeitsplatz bemühen kann.

Fazit: Sonderurlaub kann im Einzelfall ein schwieriges Thema sein – einschließlich der Umsetzungsbedingungen (wann, wie, wie lange). Es lohnt sich auf jeden Fall, arbeitsrechtlichen Rat einzuholen.

Ablegt unter Arbeitsrecht .

Nach oben