• 05.12.2022

Wichtige Gesetzesänderung des § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG)

Durch das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz erfährt der bisherige § 5 EntgFG eine wichtige Änderung.

Was ändert sich?

Bisher ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage, hat der Arbeitnehmer spätestens am 4. Tag seiner Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer beim Arbeitgeber in Papierform vorzulegen. Dabei ist der Arbeitgeber berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen.

Durch die Änderung des § 5 EntgFG zum 01. Januar 2023 entfällt die Vorlage- und Nachweispflicht aus § 5 Abs. 1 Satz 2 bis 5 EntgFG zumindest dann, wenn

- der Arbeitnehmer Versicherter einer gesetzlichen Krankenkasse ist,
- die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt festgestellt wird, der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt und
- der Arbeitnehmer keine Entgeltfortzahlung im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung in einem Privathaushalt geltend machen will.

In diesen Fällen ist der Arbeitnehmer nicht mehr länger verpflichtet, seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform dem Arbeitgeber vorzulegen. Zur Mitteilung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EntgFG bleibt der Arbeitnehmer aber weiterhin verpflichtet.

Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte sind verpflichtet, die von ihnen festgestellten Arbeitsunfähigkeitsdaten an die Krankenkassen zu übermitteln (§ 295 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V). Die Krankenkassen haben sodann – nach der ebenfalls zum 01. Januar 2023 in Kraft tretenden Fassung des § 109 SGB IV – nach Eingang der vom Arzt übermittelten Arbeitsunfähigkeitsdaten eine Meldung zum Abruf für den Arbeitgeber zu erstellen, die insbesondere die folgenden Daten enthält:

1. den Namen des Beschäftigten,
2. den Beginn und das Ende der Arbeitsunfähigkeit,
3. das Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und
4.die Kennzeichnung als Erst- oder Folgemeldung.

Stellt die Krankenkasse auf Grundlage der Angaben zur Diagnose in den Arbeitsunfähigkeitsdaten und auf Grundlage von weiteren, ihr vorliegenden Daten fest, dass die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wegen anrechenbarer Vorerkrankungszeiten für einen Arbeitgeber ausläuft, so übermittelt sie dem betroffenen Arbeitgeber eine Meldung mit den Angaben über die für ihn relevanten Vorerkrankungszeiten (§ 109 Abs. 2 SGB IV in der ab dem 01. Januar 2023 geltenden Fassung).

In allen anderen Fällen (z. B., wenn der Arbeitnehmer Versicherter in einer privaten Krankenkasse ist; wenn die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt vorgenommen wird, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt) verbleibt es hingegen bei der bisherigen Rechtslage, d. h. der Pflicht für den Arbeitnehmer, seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 bis 5 EntgFG dem Arbeitgeber in Papierform vorzulegen.

Es bleibt also zunächst festzuhalten, dass der Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des ab dem 01. Januar 2023 geltenden § 5 Abs. 1a EntgFG nicht mehr von sich aus verpflichtet ist, dem Arbeitgeber die physische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen.

Damit stehen die entsprechenden Regelungen in sämtlichen bisherigen Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder auch Betriebsvereinbarungen, die bisher eine Vorlagepflicht des Arbeitnehmers vorgesehen haben, ab dem 01. Januar 2023 im Widerspruch zum Gesetz.

Diesbezüglich wird in z. T. vertreten, dass die entsprechenden Regelungen in den bisherigen Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen dann dahin auszulegen sind, dass der Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EntgFG verpflichtet ist, spätestens an dem Tag, an dem nach der arbeitsvertraglichen, tarifvertraglichen Vereinbarung bzw. Regelung in der Betriebsvereinbarung, die sich auf die bisherige Rechtslage bezog, eine Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arbeitgeber bestand, einen Arzt aufzusuchen und seine Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen.

Ob diese Auffassung auch von der Rechtsprechung bestätigt werden wird und bisherige Regelungen in Arbeitsverträgen, Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die sich auf die alte Rechtslage bezogen, tatsächlich dahingehend auszulegen sind, wird sich zeigen.

In jedem Fall sollten Arbeitsvertragsmuster für die Zukunft an die auf die ab dem 01. Januar 2023 geltende neue Rechtslage angepasst werden.

Ablegt unter Arbeitsrecht .

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